Description |
"Im Jahr 2015 vergrößerte sich der Migrations- und Flüchtlingsstrom nach Europa und vor allem auch nach Deutschland enorm. Die (medial) als „Flüchtlingskrise“ verklärte Hochphase der Flüchtlingsbewegen zwischen Spätsommer 2015 und Frühjahr 2016 stellte sowohl die an der Bewältigung der Lage beteiligten staatlichen Institutionen als auch die gemeinnützigen sowie privaten Organisationen vor große Herausforderungen. So kam es von Kommunen und Ministerien bis hin zu Polizei, Sicherheitsdiensten und Hilfsorganisationen zu stark belastenden und problematischen Situationen – sowohl im Hinblick auf die individuelle Organisation und deren Auslastung als auch bezüglich der Kooperationen zwischen den Organisationen. Wie die Akteure diese Situation wahrnahmen und damit umgingen, wie sie mit anderen kooperierten, welche Erfolge und Misserfolge sich dabei einstellten, was sie daraus gelernt haben und inwiefern die Situation sie nachhaltig verändert hat, ist allerdings noch immer, trotz der Wichtigkeit der Antworten, weitgehend unbehandelt geblieben.
Es ist nachvollziehbarerweise davon auszugehen, dass in besonders fordernden Situationen wie bei Krisen, Katastrophen o.ä. keine personellen Ressourcen zur Verfügung stehen, um etwaige Management- und Handlungsansätze sowie Kooperationsstrategien zu dokumentieren und so für spätere, ähnliche Situationen reproduzier- und vermittelbar zu machen. Daher verwundert es nicht, dass besonders in diversen Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) diese Arbeitsprozesse, organisationsübergreifende und innerorganisatorische Vorgänge und Mechanismen aufgrund der damaligen fordernden Situationen nicht dokumentiert und aufbereitet werden konnten. Entsprechende Szenarien (Skandale wie auch Positivbeispiele) verweisen darauf, wie unterschiedlich Kooperationen von Polizei, Hilfsorganisationen, Kommunen etc. verliefen. Vor diesem Hintergrund konzentriert sich das vorliegende Projektvorhaben auf Sicherheitskooperationen und umgesetzte Maßnahmen der o.a. Akteure rund um EAE.
Die fehlende Aufbereitung der Situation stellt für alle Akteure insofern ein Problem dar, als dass bei zukünftigen ähnlichen akuten Herausforderungen kein Rückgriff auf bewährte Ansätze und Maßnahmen möglich ist, die eine schnelle Problembewältigung erlauben würden. Im schlimmsten Fall „vergessen“ die Organisationen und Institutionen, wie gehandelt wurde und welche Handlungen sich bewährt bzw. nicht bewährt haben und jene wiederholen in diesem Fall sogar möglicherweise die aufgetretenen Fehler. Aufgrund der begrenzten Ressourcen und der breit dokumentierten Aus- und Belastungssituation besteht aber insbesondere auf Seiten der o.a. Akteure (Kommunen, Hilfsorganisationen, Polizei und private Sicherheit) ein großes Interesse daran, die im Rahmen der zurückliegenden Ereignisse umgesetzten Maßnahmen gemeinsam mit den anderen beteiligten Akteuren zu reflektieren, zu evaluieren und in Form von erfahrungsfundierten Kooperationsstrategien für eine reibungslosere und geordnetere Problembewältigung in der Zukunft bereitzustellen.
Hier ist ein großer Forschungsbedarf erkennbar, dem sich der Projektverbund „Sicherheitskooperationen und Migration (SiKoMi)“ annimmt.
PROJEKTZIELE UND VORGEHENSWEISE
Das Forschungsvorhaben SiKoMi zielt darauf ab, die Kooperationen und Maßnahmen, die in und rund um die Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) während der „Flüchtlingskrise“ umgesetzt wurden, detailliert zu untersuchen. Dies erfolgt über ein Mixed-Method Untersuchungsdesign (Arbeitspakete (AP) 1 und 2). Dadurch ist es möglich, ein bislang kaum erforschtes Phänomen zunächst explorativ mittels mindestens vier Tiefenfallstudien (in Berlin, Osnabrück und Trier) zu ergründen und darauf aufbauend eine bundesweite Fragebogenerhebung durchzuführen, um Träger und Betreiber von EAE zu Kooperationen, Maßnahmen sowie Erfahrungen zu befragen (AP 2). Alle Ergebnisse werden praxisgerecht aufbereitet (AP 3) und in digitalen Qualifizierungsreihen sowie einem interorganisationalen Wissensmanagement den Endanwendern zugänglich gemacht (AP 4 und 5). Dadurch sollen sich diese auf zukünftige ähnliche Herausforderungen besser vorbereiten können."
|